Der bürgerwissenschaftliche Forschungsansatz, "Citizen Science" oder auch "Bürgerwissenschaften" genannt, bezieht Bürger:innen als Laienforschende mit ihrer persönlichen Expertise eng in den Forschungsprozess mit ein. Die eigenen Erfahrungen sind dabei eine wertvolle Ressource.
Bei „Nürnberg forscht“ forschen Nürnberger:innen mit Zuwanderungsgeschichte zu den Themen Migration und Integration in Nürnberg. Eine akademische Ausbildung ist hierfür nicht nötig.
Die Mitforschenden entscheiden sich gemeinsam für ein Thema, wirken bei der Fragestellung mit und können im Forschungsprozess selber Daten und Inhalte sammeln. Der Fokus liegt darauf, ihre Perspektive und ihr gesammeltes Wissen miteinzubeziehen. Dabei werden sie wissenschaftlich und pädagogisch begleitet. Mittlerweile neigt sich schon das zweite Forschungsmodul dem Ende zu.
Erstes Modul erfolgreich beendet
Im ersten Modul widmete sich eine Gruppe aus 12 Mitforschenden von Juli 2023 bis Februar 2024 der Frage „Welche Verhaltensstrategien entwickeln von Rassismus betroffene Menschen in Nürnberg?“. Dabei führten sie leitfadengestützte Interviews mit von Rassismus betroffenen Personen sowie mit Expert:innen aus der Antirassismus- und Beratungsarbeit, sie werteten diese aus und gaben Handlungsempfehlungen.
Die umfangreichen und aussagekräftigen Ergebnisse wurden während der Wochen gegen Rassismus präsentiert. Den Ergebnisbericht kann man hier nachlesen:
Reine Frauengruppe im zweiten Modul
Im zweiten Forschungsmodul beschäftigen sich 15 Frauen mit der Frage „Welche Faktoren beeinflussen die Teilhabe von Frauen mit Zuwanderungsgeschichte an Gesundheitsangeboten in Nürnberg?“.
Zur Beantwortung der Fragen haben die Mitforscherinnen und das Team mittels Community Mapping und Fokusgruppen Daten und Informationen gesammelt. Der Fokus wurde dabei zunehmend auf die psychische Gesundheit von Frauen mit Zuwanderungsgeschichte gelegt, denn, so formuliert es Mitforscherin Katti: „Geht es den Frauen gut, geht es der Gesellschaft gut.“
Nach der Phase der Datenerhebung folgt nun über die Sommerferien die Datenauswertung im Team und anschließend die gemeinsame Interpretation der Ergebnisse mit den Frauen.
Maria Bahn, Bildungsreferentin im CPH und pädagogische Mitarbeiterin bei Nürnberg forscht, stellt gegen Ende des zweiten Moduls fest: „In den letzten Monaten hat sich unsere Forschungsgruppe zu einem Raum des Empowerments entwickelt. Jede dieser Frauen hat eine beeindruckende Geschichte und setzt sich mit der gemeinsamen Forschung dafür ein, dass ihre und die Perspektiven von so vielen anderen Frauen mit Zuwanderungsgeschichte sichtbarer werden.“ Eine dieser Perspektiven ist beispielsweise die von Mitforscherin Bayan, die sagt: „Als ich nach Deutschland gekommen bin, hatte ich kein Heimweh. Ich hatte Arbeitweh (...) Meine Karriere, meine Arbeit, alles weg.“
Nürnberg forscht: Drei Jahre, vier Forschungsmodule
Das auf drei Jahre angelegte Projekt „Nürnberg forscht“ umfasst vier Forschungsmodule.
Es will durch den bürgerwissenschaftlichen Forschungsansatz neue Erkenntnisse über Migration und Integration in Nürnberg hervorbringen. Die mitforschenden Menschen mit Zuwanderungsgeschichte bringen ihre eigene Expertise ein und gewinnen neue Fähigkeiten hinzu. Die im Projekt erarbeiteten Forschungsergebnisse sollen die Menschen in Nürnberg für Themen der Migration sensibilisieren, Vorurteile abbauen und die Akzeptanz einer gewachsenen Zuwanderungsgesellschaft fördern. Im Idealfall lassen sich aus den Forschungsergebnissen Anregungen für die städtische Integrationspolitik ableiten. Darüber hinaus werden die gewonnenen Erkenntnisse und Projekterfahrungen mit der Wissenschaft geteilt und Impulse für ähnliche Citizen-Science-Projekte gegeben.
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Als Projekt im Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) 2021 - 2027 wird Nürnberg forscht durch die Europäische Union kofinanziert.