„Durch die starke Wirkung, begann ich mich selbst so zu fühlen, dass ich es nicht mehr wert wäre zu leben.“
Im Film „Der Rhein fließt ins Mittelmeer“ von Offer Avnon, der bei unserer Veranstaltung im @cinecittamultiplexkino gezeigt wurde, äußert sich so ein Überlebender der Shoah zur allgegenwärtigen Propaganda der Nationalsozialisten.
Avnons Werk ist ein Herantasten an das Thema Trauma: Seine betagte deutsche Nachbarin, ein österreichischer Jude, ein ehemaliger Bundeswehrsoldat und sein eigener jüdischer Vater - sie alle gehen anders mit der Vergangenheit um. Avnon urteilt nicht, auch wenn manche Ansichten schockieren.
Durch das Verweben von unterschiedlichen Interviewfetzen stellt er verschiedene Positionen gegenüber. Die ruhigen Bilder geben dem Film eine Atmosphäre, die den Zuschauern Raum für eigene Interpretationen lässt.
Anstoß zu diesem Projekt war Avnons Heimkehr aus Deutschland nach Haifa. Dort habe er etwas Unheimliches unter der Oberfläche wahrgenommen. Die Veränderung in Israel sei erschreckend. Zwischen den traumatischen Schilderungen der Überlebenden der Shoah und verlassenen Häusern geflüchteter Araber in Haifa stellt Avon die Frage nach der Gerechtigkeit.
Sein Vater sei ein Mensch starker Meinungen gewesen, sagt Avon nach dem Film in der Diskussionsrunde mit Dr. Astrid Betz vom Dokuzentrum und Claudio Ettl von der Akademie CPH. Er selbst sei nicht so. Er habe mehr Fragen als Antworten. Deshalb regt sein Film so intensiv zum Nachdenken an.
Im Publikum ist man einig: Diesen Film muss man erst einmal verarbeiten. Die wunderschönen Aufnahmen gemischt mit den starken Aussagen der Interviewten, wirken erst langsam auf dem Nachhauseweg.
Fotos und Text: Nele Rehfeld/Praktikantin DZR